Schlangenbader Tunnel: Weiter Chaos im Wohngebiet

Berliner Morgenpost | 22.06.2023 | Online I Norman Börner

Einbahnstraßen sollten die Lage in den Wohngebieten eigentlich entspannen. Anwohner berichten aber von gefährlichen Zuständen.

ie Sperrung des Schlangenbader Tunnels kam überraschend. Die Umleitung wurde improvisiert. Vor allem Anwohner im nahen Wohngebiet rund um die Sodener Straße litten unter der Verkehrslast. Lärm und beschädigte Autos in den viel zu engen Straßen waren die Folge. Wir berichteten. Inzwischen liegt für den seit April gesperrten Tunnel ein Umleitungskonzept vor. Aber die Lage habe sich mit diesem Konzept nicht wirklich gebessert, sagen Anwohner und Politiker aus dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Die wichtigste Neuerung, um das Gebiet zu entlasten, ist die Regelung, die Schlangenbader Straße und die Sodener Straße zu Einbahnstraßen für Autos in Richtung Süden umzuwidmen. Nur der Radverkehr kann beide Straßen weiterhin in alle Richtungen nutzen. Anscheinend ignorierten aber einige Autofahrer dies in den ersten Tagen. Vereinzelt soll es zu Polizeieinsätzen gekommen sein. „Wieso hat man beide Straßen zur Einbahnstraße gemacht? Wo liegt der Sinn darin?“, schreibt eine Anwohnerin an die Berliner Morgenpost.

Autofahrer ignorieren Einbahnstraßenschild in der Sodener Straße in Berlin

Anwohner Marcel Hülsemann habe in den vergangenen Tagen gefährliche und schwer nachvollziehbare Situationen erlebt. „Viele fahren trotzdem in die Straße“, sagt er. Es sei sogar eine Schranke aufgebaut worden, damit die Einbahnstraße nicht übersehen wird. Weil es einem Anwohner zu bunt geworden sei, habe er sich kurzerhand auf die Straße gelegt, damit Falschfahrer nicht mehr in die Sodener Straße fahren. Daraufhin habe es einen Polizeieinsatz gegeben. Inzwischen kontrollierten die Ordnungshüter regelmäßig.

Auch im Verkehrsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Charlottenburg-Wilmersdorf sorgte die neue Regelung für Unverständnis. „Wir haben dem Konzept des Senats widersprochen. Sinnvoller wäre es, wenn die Einbahnstraßen in gegensätzliche Richtungen führen“, sagte Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne). Kritik am Konzept gab es auch von anderen Ausschussmitgliedern. „Das Konzept ist eine Katastrophe und wirkt wie gewürfelt“, sagte Karsten Sell von der CDU-Fraktion in der BVV.

Anwohnt berichten von gereizter Stimmung unter Autofahrern

„Wir Anwohner verstehen es auch nicht, dass die Einbahnstraßen beide in dieselbe Richtung führen“, sagt Hülsemann. Es führe einerseits zu wirklich gefährlichen Situationen und erschwere beispielsweise auch für die Bewohner die Parkplatzsuche, die aufgrund des einseitigen Verbots große Umwege nehmen müssten. Zwei Einbahnstraßen, die in entgegengesetzte Richtung führen, halte er auch für sinnvoller. „Aber das Problem, dass sich der Autobahnverkehr durch unseren Kiez schlängelt, bleibt natürlich trotzdem“, sagt er.

Auch wenn er das Verhalten mancher Autofahrer nicht rechtfertigen wolle, könne er sich die gereizte Stimmung teilweise erklären. So sei die Einbahnstraße in vielen Navigationssystemen noch nicht angekommen. „Wer sich hier nicht auskennt, steht vor einem gigantischen Schilderwald und auch das Navi hilft nicht“, sagt Hülsemann.

Die Gereiztheit zeige sich dann im Verhalten der Autofahrer. Viele würden beispielsweise in der Sodener Straße extra aufs Gaspedal drücken. Aus Wut über die Umwege - oder eben weil sie illegal in die falsche Richtung einfahren und die Straße möglichst schnell durchqueren wollen. Allerdings herrscht in der Straße Tempo 30.

Bezirksamt: Überprüfung, ob der Tunnel offen bleibt, könnte bis Ende des Jahres dauern

Auf die Tagesordnung gesetzt wurde das Thema von der FDP-Fraktion. Für sie gibt es nur eine Lösung, das Chaos zu beseitigen. „Der Tunnel ist überaus wichtig und muss offen bleiben“, betonte Felix Recke-Friedrich, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Ausschuss. Zum Hintergrund: Die Senatsverwaltung prüft drei Varianten: eine bis zu 40 Millionen Euro teure Instandsetzung, eine verkehrsreduzierte Wiedereröffnung mit weniger Reparaturen und die finale Schließung des Tunnels. Laut Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) werde das Ergebnis der Überprüfung allerdings mindestens bis zum Ende des Jahres andauern.